Von Wasserfällen im Dschungel, leuchtendem Meer & tanzenden Beinen in Cali - Reisebericht III

Meine Reise nach Cali und an die Pazifikküste liegt schon fast zwei Monate zurück. Zeit, um noch mal in Erinnerungen zu schwelgen und euch in Form von ein paar Gedankenfetzen daran teilhaben zu lassen.

Bahia Malaga Nationalpark, Pazifikküste


Salsa in Cali
Zwölf Stunden im Bus, vier Tage in der Hauptsstadt des Salsa, erfüllt von leckerem Essen, Kinobesuchen, entspanntem Nichts-Tun, Stadt-Erkunden und auf den "Montaña de las tres Cruces" wandern - mit Blick auf Cali und Höhlen im Berg erkunden. Und selbstverständlich Salsa tanzen, sogar inklusive Privatunterricht im Hostel. So viele Drehungen, bis mir schwindelig wird und so viele tanzende Füße auf einem Fleck, dass es mir schwer fällt, über keine fremden Beine zu stolpern. Doch nach ein paar Tagen voller Trubel und Großstadtlärm wird es Zeit weiterzuziehen, denn die Sehnsucht nach dem Meer ruft.



Montaña de las tres Cruces, Cali









Verzweifelt in Buenaventura
Was wäre eine Reise, wenn alles glatt laufen würde? Richtig, langweilig. Nach vier Stunden im bis zur Decke mit Menschen gestapelten Bus auf einem Sitz, der sich in jeder Kurve zusammenklappte (sprich alle zehn Sekunden) kamen wir in Buenaventura an. Wir konnten es kaum erwarten, auf die Insel zu fahren, auf der sich unser Hostel befand. Ehrlich gesagt, wir konnten es kaum erwarten,  Buenaventura zu verlassen. Abgesehen davon, dass es keine besonders schöne Stadt ist, begleitete uns ständig ein komisches Bauchgefühl zusammen mit der Angst jeden Moment ausgeraubt zu werden. Ankommen am Hafen, herausfinden, dass das letzte Boot nach Juanchaco (der Insel) schon abgefahren ist und erst mal kurz ärgern. Es wurde immer dunkler, wir bekamen eine Empfehlung für ein billiges Hotel und landeten in zwei Taxis, dessen Fahrer uns rausschmissen, weil sie den Weg zum Hotel nicht fanden, nachdem sie ein paar Ehrenrunden durch Buenaventura drehten. Endlich im Hotel ankommen und wieder rausgeschickt werden, weil unsere kolumbianischen Ausweise nicht akzeptiert werden. Nachts von Hotel zu Hotel ziehen und wieder aus dem selben Grund kein Zimmer bekommen. Kurz verzweifeln. Sich zwei Polizisten schnappen und so lange im Hotel Terror machen, bis wir einen Schlafplatz in einer etwas zwilichtig erscheinenden Unterkunft bekommen. Doch Hauptsache nicht draußen in Buenaventuras dunklen Gassen übernachten. Die drückende Hitze in der Luft ließ die Stadt selbst mitten in der Nacht wie eine einzige große Saune wirken. Eine Nacht in der Sauna, danach endlich weiterziehen. Die Sehnsucht nach dem Meer rief immer lauter.



Bahia Malaga Nationalpark






Dschungelabenteuer auf Juanchaco
Voller Vorfreude aufwachen, schnell auschecken und eilig einkaufen bevor wir schon wieder das Boot zur Insel verpassen. Noch eine kurze Ewigkeit warten und dann endlich in das kleine Boot einsteigen, das uns ins Paradies bringt. Der Wind peitscht ins Gesicht, der Duft von Salz steigt in die Nase, Sonnencreme klebt in glücklichen Gesichtern, das Kreischen von Möwen und das Rauschen des Meeres ertönen im Ohr. Die Landschaft wird mit jedem Meter, den wir zurücklegen, verlassener und magischer. Riesige Felsbrocken, bewachsen mit Dschungel, ragen aus dem Meer heraus. Eine dieser Inseln würde für die kommende Woche unser zu Hause sein. Einige viele Glücksmomente, erstaunte Blicke und Wassertropfen auf der Stirn später, wird der Motor der Bootes ausgeschaltet und wir hören den Klang des Paradies. Das Meer rauscht, die Wellen prallen an Felswänden ab, der Dschungel singt. Wir treiben auf eine der schönsten Landschaften zu, die ich je gesehen habe. Schuhe ausziehen, aus dem Boot steigen, aufpassen, dass das Gepäck nicht ins Meer fällt und bei aufkommender Flut mit dem Wanderrucksack durch das Wasser balancieren und die Steine hochklettern. Inne halten und sich fragen, ob wir das gerade tatsächlich erleben dürfen.

Regentropfen prasseln leise auf das Wellblechdach der kleinen Hütte, in der ich unter meinem Moskitonetz liege und träume. Der Klang des Dschungels weckt mich sanft. Die aufkommende Flut peitscht die Wellen gegen die Felswand der Insel und verrät mir, dass ich die morgendliche Ebbe schon wieder verschlafen habe. Doch das ist nicht schlimm. An diesem Ort vergeht die Zeit irgendwie langsamer. Ich klettere aus meinem Hochbett und blicke direkt ins Paradies. Nicht mal eine Wand trennt mich von dieser magischen Landschaft. Besser könnte ein Morgen nicht beginnen.
Da seit Tagen nicht mehr als ein paar wenige Tropfen vom Himmel gefallen sind, funktioniert die regenwasserbetriebene Dusche im Freien nicht. Dann geht es eben direkt ins Meer. Man kann sich diesen Ort nicht wie einen einfachen Strand vorstellen. Es ist mehr wie ein großer, grün bewachsener Fels, der steil aus dem Wasser ragt und mit den benachbarten Inseln um die Wette prahlt. Eine ist schöner als die andere. Bei Flut gleicht der Ort einem einsamen, bewachsenem Fels auf dem weiten Meer. Doch wenn sich das Meer zurückzieht, zeichnet die Ebbe aus der Landschaft ein ganz anderes Bild. Deine Füße tragen dich durch den Sand zur nächsten Insel, wo normalerweise die Wellen treiben. Zwischen den vielen Felsbrocken verstecken sich riesige Muscheln, die kleinen Schätzen gleichen. Doch die wahre Schönheit zeigt sich erst, wenn die Sonne im Meer versunken ist und der Mond mit den Sternen um die Wette strahlt. Im Wasser leuchtet mehr Plankton als im Himmel Sterne sind. Überall winzige, leuchtende Punkte im Meer, die bei jeder Bewegung im Wasser glitzern. Als hätte das Meer seinen eigenen Sternenhimmel geschaffen.

In der Hängematte liegen und lesen, Karten spielen, sich im Wasser auf der Luftmatratze treiben lassen, kleine Höhlen erkunden, mit Cosmos, dem Inselhund spielen und bei Sonnenuntergang in der offenen Küche das Lieblingsessen zubereiten. Einfach den langen Tag barfuß im Bikini auf der einsamen, kleinen Insel im Freien verbringen. Und wenn abends das Plankton im Meer zu leuchten beginnt, unter den Lichterketten in den Palmen oder am Lagerfeuer dem Rauschen des Meeres lauschen und den Tag mit einem kühlen Club Colombia in der Hand ausklingen lassen. Was für ein Leben.

Langweilig wird es zum Glück nicht, da es außerhalb im Nationalpark noch so viel mehr zu entdecken gibt und die Abenteuer rufen. Zum Beispiel im Dschungel versteckte, riesige Wasserfälle an Orten, die so wunderschön sind, dass man sich ständig fragt, ob das gerade tatsächlich passiert. Natürliche Becken, in denen das Wasser ruhig vom einen zum anderen Becken fließt, seinen Weg durch den Dschungel sucht und schließlich im Meer mündet. Wo neben dem Plätschern des Wassers nur der Klang des Urwalds ertönt. Wo in einem kleinen, dunklen Loch im Fels eine Schildkröte schwimmt. Sich überwinden, in genau dieses Loch hineinzuspringen, unter dem Fels durchtauchen, unter Wasser dem Licht folgen und im Meer wieder auftauchen. Danach wieder in das kleine Boot klettern und sich am nächsten Wasserfall schon wieder von der Schönheit dieses Planeten den Atem rauben lassen.
Immer noch überwältigt von den Eindrücken der vorherigen Dschungeltour sitzen wir schon wieder in einem kleinen Boot und treiben Richtung nächstes Abenteuer, dieses Mal im Süßwasser statt im Salzwasser. Ein Fluss führt uns in den tiefen Dschungel und zeigt uns eine ganz andere Landschaft als am vorherigen Tag. Ebenfalls so magisch, dass ich mich nicht entscheiden kann, welche mich mehr ins Staunen versetzt. Mich umgeben steile Felswände, bewachsen von Pflanzen, die ich noch nie gesehen habe. In meine Ohren schleichen sich Geräusche, die ich noch nie gehört habe. Rechts und Links, über und unter uns wacht die Wildnis. Als der Wasserspiegel im Flussbett zu niedrig wird, um mit unserem kleinen Boot durchs Wasser zu gleiten, laufen wir weiter, barfuß durch den Dschungel. Wir gelangen an eine Lichtung, in der das Wasser so tief ist, dass man von einer Felswand hineinspringen kann. Aufgeregt klettern wir erst den kleinen Wasserfall hoch und danach über den hohen, bewachsenen Fels, Pflanzen so weit das Auge reicht. Wahrscheinlich umgeben uns in diesem Moment noch so viel mehr Lebewesen, die wir nur nicht wahrnehmen. Wir überwinden uns und springen von ganz oben hinein. Mitten im Dschungel. Während ich langsam auftauche und dem grellen Sonnenlicht entgegenschwimme, das durch das grüne Blätterdach in den Fluss fällt, frage ich mich zum unendlichsten Mal, ob ich das gerade wirklich erleben darf.

Nun sitze ich zu Hause in Tunja, versuche meine Erinnerungen an diesen zauberhaften Ort in Form von Buchstaben zu verweigen und stelle fest, dass sich solche Erlebnisse weder mit Worten noch mit Bildern einfangen lassen. Und bin zum unendlichsten Mal unenedlichundeinmal dafür dankbar, dass ich das tatsächlich erleben durfte.


Der Strand bei Ebbe









Bootstour durch den Dschungel
Bootstour durch den Dschungel
"Eingang" zur Insel
Während einer Dschungeltour
Links der Rand unserer Insel
Der Strand bei Ebbe
Benachbarte Insel (Ebbe)
Aussicht von meinem Bett in den Dschungel und auf das Meer
Eine Höhle, die bei Flut überschwemmt war
Der Weg zur Hütte, in der wir geschlafen haben
Mitten im Dschungel unterm Wasserfall baden (den man auf dem Bild leider nicht sieht)
Die Hauptinsel von Juanchaco (Bild: Instagram @pacificohostel)
Die Insel (Bild: Instagram @pacificohostel)
Der Sternenhimmel auf der Insel (Bild: Instagram @pacificohostel)
Unser Hostel (Bild: Instagram @pacificohostel)
Aussicht von der Insel (Bild: Istagram @pacificohostel)

Die Insel von oben (Bild: Instagram @pacificohostel)

Durch den Fluss im Dschungel tauchen
An unserer Insel
Mit Cosmos, dem Inselhund, vor einer Höhle in der Insel, die bei Flut überschwemmt war

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