Ankommen und Einleben: Erste Eindrücke

"Bienvenido" (Willkommen) steht in bunten Buchstaben über meinem Bett, verziert mit Luftballons und Luftschlangen. Das ist also mein neues zu Hause - zumindest für das kommende Jahr. Nach dem herzlichen Empfang meiner Gastfamilie versinke ich erst mal in meinem Bett - müde von der langen Reise und dem Jetlag. Selbst jetzt, angekommen in meinem neuen Zimmer, ist der Gedanke, ein Jahr von zu Hause weg zu sein, noch nicht in mein Bewusstsein durchgedrungen. Auch in den nächsten Tagen wird dieses Gefühl nicht einsetzen. Vermutlich vor lauter neuen Eindrücken und Erlebnissen, die ich in diesem Eintrag festhalten möchte.

Am Donnerstag, den 10. August 2017, sind wir - aufgrund des autofreien Tags in Bogota - deutlich später als geplant in Tunja angekommen. Das darauffolgende Wochenende habe ich mit meiner Gastfamilie verbracht. Ich war, wie einige andere Freiwillige auch, mit meinem Gastbruder auf dem "Residente" Konzert in Tunja, das im Rahmen eines Kulturfestivals stattfand. Seine Band "Calle 13" war kurz zuvor in Deutschland auf Tour, trotzdem sagte mir der Name nicht viel. Umso mehr war ich darüber überrascht, was für ein coole Show das war, obwohl ich noch kein Wort spanisch verstand - schon mal ein sehr guter Anfang! Die Lebensfreude und Offenheit der Menschen begeisterte mich schon zu diesem Zeitpunkt. Am Sonntag nahm mich meine Familie mit zu einem Ausflug an einen See in der Nähe von Paipa. Ich weiß nicht, wie viele Höhenmeter wir auf dem Weg dorthin verloren haben, doch im Vergleich zum 2800 Meter hoch gelegenem Tunja, war es dort extrem warm.

In der darauffolgende Woche fand ein Einführungsseminar für die 20 Freiwilligen aus Deutschland statt. Selbstverständlich habe ich jeden Tag mehr und mehr spanisch gehört und dementsprechend wurde der Druck größer, die Sprache endlich zu lernen - ich hatte ja schließlich keine andere Wahl. Das war für mich aber eher ein beruhigender als ein beängstigender Gedanke. Ich lebte mich Tag für Tag mehr ein, erkundete die Stadt und war nach einer Woche schon so von den günstigen Bus- und Taxipreisen verwöhnt, dass mir eine Taxifahrt von circa zehn Minuten für umgerechnet 2,50€ schon extrem teuer vorkam.

Etwa eine Woche nach meiner Ankunft wartete mein erster Schultag auf mich. Zum ersten Mal erlebte ich diesen Tag als Lehrerin anstatt als Schülerin - ein Gedanke, an den ich mich erst mal gewöhnen musste. Ich machte mir etwas Sorgen, wie ich als Autoritätsperson wahrgenommen werden sollte, wenn ich nicht mal die selbe Sprache beherrschte. Doch meine Vorfreude war größer und die Augen der Kinder als ich die Schule betrat auch. Ich wurde wieder mit offenen Armen empfangen und war ständig von einer Traube von Kindern mit neugieriegen Blicken umzingelt. Sie stellten mir viele Fragen und hörten geduldig zu, obwohl ich nur einen Bruchteil von dem, was sie sagten, verstand - noch eine Motivation mehr, die Sprache zu lernen. Ich bin mir schon jetzt sicher, bei meiner Schule genauso viel Glück wie bei meiner Gastfamilie zu haben. Doch diesen beiden Themen möchte ich einen eigenen Beitrag widmen.

Bisher ist mein Eindruck von Kolumbien geprägt von Lebensfreude, frischem und leckerem Obst und Gemüse, vielen Straßenhunden, Salsa, chaotischem Straßenverkehr, viel Käse und Bürokratie - aber vor allem von einer wunderschönen Landschaft und vielen offenen Menschen. Ich kann kaum erwarten, noch mehr Facetten dieses Landes zu entdecken und so viele Orte wie möglich zu bereisen.


Für mich einer der schönsten Orte Tunjas, den ich beim Gassigehen mit den Hunden meiner (Gast-)Tante entdeckte - mit Aussicht auf den Norden der Stadt

Kommentare

  1. Wow! Ich bin total begeistert von deinem Blog! Es macht richtig Spaß zu lesen, was du berichtest und ich freue mich auf mehr Beiträge :) Hasta pronto, Alina

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