Kein Amazonas, aber dafür Medellín! - Reisebericht I

Flug nach Leticia und Hostel für die erste Nacht gebucht, Sonnencreme und Vorfreude im Rucksack eingepackt, der letzte Arbeitstag vor den Ferien rückte immer näher - die lang ersehnte Reise Richtung Amazonas konnte also endlich losgehen! Dachte ich zumindest. Aus verschiedenen Gründen konnte ich die ersten sechs Tage der Ferien leider doch nicht im Regenwald verbringen. Die Enttäuschung war mindestens genauso groß wie meine Vorfreude. Den Flug konnte ich leider weder stornieren noch umbuchen... es konnte niemand etwas dafür, es ist einfach alles ziemlich blöd gelaufen. Geärgert habe ich mich aber schon lange genug und zum Glück fließt der Amazonas auch in zehn Monaten noch durch Kolumbien - mir läuft also nichts davon. Vielleicht werde ich die Reise nächstes Jahr nachholen, wenn mich meine Eltern hier besuchen - und Vorfreude ist schließlich die schönste Freude. Mit den angekündigten Berichten über den Amazonas müsst ihr euch also noch eine Weile gedulden. Natürlich habe ich meinen Urlaub aber nicht zu Hause in Tunja verbracht. Zusammen mit fünf anderen Freiwilligen bin ich für vier schöne Tage nach Medellín gefahren und muss sagen, dass ich mich ein bisschen in die Stadt verliebt habe. Vielleicht kann ich euch mit den folgenden Zeilen ein bisschen Fernweh nach Deutschland - oder wo auch immer ihr gerade seid - schicken.

Comuna 13, Medellín

Nach der zehnstündigen Busfahrt in dem luxuriösesten und gleichzeitig billigsten Reisebus in dem ich jemals saß (jede*r hatte einen eigenen Fernseher und quasi ein eigenes Bett - dafür liebe ich Kolumbien), kamen wir morgens verschlafen in Medellín an. Nachdem wir unser Hostel gefunden hatten, gingen wir erstmal frühstücken. Die Gegend, in der wir wohnten, war wunderschön und einfach ganz anders als das, was ich bisher von Kolumbien gesehen habe: Unser Viertel (el Poblado) wirkte auf mich wie eine kleine Stadt im Dschungel - überall Palmen, Pflanzen, das Rauschen des Baches und Zwitschern der Vögel. Gleichzeitig aber extrem modern, was ich von Kolumbien noch gar nicht kannte. Gefühlt jedes einzelne Café, jedes Restaurant, jede Bar, jede Boutique, jedes Hostel in dieser Gegend war außergewöhnlich, kreativ und liebevoll gestaltet. Besonders am Abend, wenn die Lichterketten in den Bäumen leuchteten, zeigte sich ein wunderschönes Bild. Auch unser Hostel (The Garden of Blues Hostel Medellín) war ein Traum: Überall Pflanzen, Hängematten, liebevolle Deko - man fühlte sich ein bisschen wie im Dschungel. So kam das Amazonas-Feeling doch minimal auf. Den ersten Tag ließen wir entspannt angehen und erkundeten die wunderschöne Gegend. Leider liegt unser Urlaub schon wieder ein paar Wochen hinter uns, weswegen ich mich nicht mehr genau daran erinnern kann, was wir an welchem Tag unternommen haben - deshalb folgt jetzt einfach eine kurze Zusammenfassung meiner persönlichen Medellín-Highlights:

Wie bereits erwähnt, war unser Hostel und vor Allem das Viertel echt empfehlenswert - wenn du also jemal nach Medellín gehen solltest, findest du in el Poblado echt alles, was du brauchst: Schöne Hostels, leckeres Essen, tolle Cafés und Bars, ... das klingt ein bisschen wie im Reiseführer, aber es war einfach wirklich schön!



Nun zu den Sehenswürdigkeiten bzw. Unternehmungen: Wir waren in zwei Museen, dem Museo de Antioquia und im Museo de la Memoria. Im Museo de Antiquioa, das mit dem Freiwilligenausweis echt günstig war (so wie eigentlich alles Andere in Kolumbien) haben mich die Gemälde von Botero, einem bekannten Künstler Medellíns, am meisten beeindruckt. Auf dem Platz vor dem Museum konnte man viele der Figuren seiner Werke als Statue begutachten.


Eine Figur Boteros





Das Museo de la Memoria beschäftifte sich mit den Vermissten und den Opfern des Guerilla-Konflikts. Es war sehr interessant mehr darüber zu erfahren und besonders die persönölichen Geschichten waren sehr bewegend.
Neben den beiden Museen waren wir im Pueblito Paiso, was mich aber ehrlich gesagt nicht so überzeugt hat. Eine tolle Aussicht, aber extrem touristisch. Umso toller war die Aussicht von der Metro Kable - eine Gondel, die wie die Metro als öffentliches Verkehrsmittel genutzt wird. In allen Reiseführern wird aufgrund der gefährlicheren Gegend davon abgeraten, als Tourist zwischendrin auszusteigen, was schon ein bisschen merkwürdig war - die Aussicht auf die Stadt war aber echt sehenswert. Dennoch war es ein extrem komisches und unangenehmes Gefühl, die ärmsten Gegenden der Stadt im wahrsten Sinne des Wortes von oben herab zu betrachten und abends wieder in der sicheren Gegend beim Abendessen zu sitzen, um sorgenfrei und voller Urlaubsfeeling erst den besten Café Medellíns und später seine Pizza und einen Cocktail zu genießen.
Neben den Museen, dem Pueblito Paiso und der Metro Kable haben wir uns noch den botanischen Garten angesehen. Obwohl das Schmetterlinghaus leider schon geschlossen hatte, war es sehr schön.


Mein persönliches Highlight der Medellínreise war die Grafittitour durch die Comuna 13. In diesem Teil der Stadt gibt es Street Art so weit das Auge reicht und dazu noch eine atemberaubend Aussicht. Die Walkingtour wurde von einer Bewohnerin der Comuna 13 durchgeführt, die auch Einiges zur Geschichte Medellíns erzählte - sehr interessant, aber gleichzeitig sehr traurig und gewaltsam. Eine der Besonderheiten der Comuna ist die Rolltreppe, die hinauf zu den Häusern am steilen Hang führt, damit die Bewohner*innen schneller ins Zentrum gelangen können.


Insgesamt ist Medellín extrem sehenswert und hat sich besonders vor dem Hintergrund seiner Geschichte zu einer sehr modernen Stadt entwickelt. Ich hoffe sehr, dass sich während meines Freiwilligendienstes noch mal die Gelegenheit bieten wird, zurückzukommen. Es gibt sicherlich noch Einiges für mich zu entdecken.

Die Gruppe, mit der ich nach Medellín gereist bin

Nach vier Tagen machte sich der Rest unserer Gruppe auf den Weg nach Guatapé, wohin ich auch auf jeden Fall auch noch reisen möchte. Für mich ging es zurück nach Bogotá und von dort aus weiter in die Wüste, da ich Tickets für ein Festival dort hatte (siehe nächster Reisebericht). Obwohl ich nur für den ca. zehnstündigen Weg von Medellín nach Bogotá alleine unterwegs war, landete ich in einem Taxi, dessen Fahrer natürlich sofort die Gelegenheit sah, ein alleinreisendes Mädchen am Abend abzuzocken. Da es schon spät war, bin ich nicht mit der Metro vom Hostel zum Busterminal gefahren, sondern mit dem Taxi. Als wir in einem verlassenen und sicherlich nicht ungefährlichem Teil der Stadt ankamen, an dem sich offensichtlich nicht das Terminal befand, verlangte der Fahrer einen viel zu teuren Preis. Nach einer hitzigen Diskussion mit meinem extrem gebrochenen Spanisch und etlichen Versuchen des Fahrers mich in der verlassenen Gegen rausschmeißen zu wollen, konnte ich zum Glück noch verhandeln, dass er mich zum Terminal fährt. Immerhin kann ich jetzt spanisch fluchen. Bis auf diese letzte Begegnung hatte ich aber eine tolle erste Reise in Kolumbien und freue mich schon jetzt auf ganz viele weitere!




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